Die Leistungskurve zeigt steil nach oben

In der „Sinfonia concertante“ musizieren Mitglieder der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen mit Laien

Bremen. An den Wänden des Probenraums im Waldau-Theater grüßt noch die Dekoration zu Paavo Järvis „First night“: Tere tulemast – herzlich willkommen! Doch nicht die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen probt zurzeit in Walle Schuberts 5. Sinfonie, sondern die „Sinfonia concertante“, ein Kammerorchester mit rund 35 Mitgliedern. Das Besondere daran: Hier konzertieren talentierte Laien und Profi-Musiker mit großer Begeisterung gemeinsam.

Am Sonntag, 31. Oktober, findet um 20 Uhr das mittlerweile dritte Konzert, diesmal mit Werken von Mozart, Schubert und Poulenc, in der Kirche Unser Lieben Frauen statt. „Mit dem Concerto in g-Moll von Francis Poulenc betreten wir Neuland“, sagt Dirigent Rodrigo Blumenstock, der auch andere Kammer-Ensembles leitet. Die Bratscherin Friederike Latzko, ihr Mann Stefan, Gunther Schwiddessen, beide Violinisten und Oboist Rodrigo Blumenstock riefen das Orchester vor einem Jahr ins Leben. Drei von ihnen sind Gründungsmitglieder der Deutschen Kammerphilharmonie. „Wie damals in Frankfurt hatten wir auch diesmal eine Vision und haben sie in die Tat umgesetzt“, sagt Friederike Latzko. Das Projekt sprach sich in interessierten Kreisen „wie ein Lauffeuer herum“, so die Bratscherin. „Das aktive Musizieren hat eben in Bremen eine große Tradition.“ Herz des Kammerorchesters ist für sie der Notar Konstantin Frick, der wie andere Musiker des Orchesters bereits mit Passion Bachkantaten in Unser Lieben Frauen interpretiert hat. In der „Sinfonia concertante“ spielen viele Ärzte und Rechtsanwälte, aber auch Studenten. Das Alter der Musiker liegt zwischen 25 und 72 Jahren. Sie alle eint die Liebe zur Musik. Das ist auch bei Ingrid und Michael Bömers so. Das Ehepaar hatte schon gemeinsam mit Konstantin Frick Orchester-Erfahrung gesammelt. Er war es schließlich auch, der die beiden für die „Sinfonia concertante“ anwarb. Die Bömers spielen bereits von Kindheit an Violine und Viola und verfügen über reichlich kammermusikalische Erfahrung. Das Ehepaar ist auch sonst den schönen Künsten zugetan. Der Weinimporteur und Mitinhaber der Firma Reidemeister & Ulrichs war 13 Jahre lang Vorsitzender der Museumsfreunde des Neuen Museums Weserburg. Seine Frau, die in Freiburg Schulmusik, Musikwissenschaft und Französisch studierte, ist stellvertretende Vorsitzende der Bremer Theaterfreunde und leitet seit 1990 einen Opernkurs. Die Bömers schwärmen von der Zusammenarbeit mit den Kammerphilharmonikern: „Das Musizieren ist einfach hinreißend. Gerade in den Proben mit den einzelnen Stimmführern lernt man unglaublich viel über Bogentechnik und Intonation.“ Der Gewinn liegt, wie der studierte Schulmusiker Rodrigo Blumenstock versichert, auf beiden Seiten. Was natürlich nicht zuletzt an den Fähigkeiten des Dirigenten liegt, der sein Orchester in der ersten von vier Proben mit Emphase und Einfühlungsvermögen durch die Untiefen des Andante manövriert, das noch nicht so recht sitzt. Die übrigen Sätze der Schubert-Sinfonie klingen dagegen schon äußerst professionell. „Es macht einfach Freude zu sehen, wie steil die Kurve in den Proben nach oben geht“, so Blumenstock. „Das ist eine sehr inspirierende Angelegenheit, wenn die Chemie so stimmt“, finden die Kammerphilharmoniker unisono. Die Stimmung ist locker, aber sehr konzentriert. Davon, dass die Orchestermitglieder mit Herzblut und Ehrgeiz dabei sind, zeugen auch die Probenzeiten. Kurz vor dem Konzert wird ein ganzes Wochenende lang geprobt. Richtige Kärrnerarbeit, die Ausdauer verlangt, aber viel Spaß und Motivation bringt. Übrigens: Neue Mitglieder sind der „Sinfonia concertante“ willkommen.

28.10.2004 Weser Kurier Bremen