Wenn sich ein Trauerhauch über Schönheit legt

Benefizkonzert Bremer Orchester „Sinfonia Concertante” spielt im Schloss für die Uno-Flüchtlingshilfe

Oldenburg – Bei Chefdirigent Paavo Järvi in der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen hat Rodrigo Blumenstock gelernt, die Sprache der Musik knackig auf den Punkt zu bringen, sie bei aller Konzentration aber nicht des Charmes und der Schönheit zu berauben. Das lässt der Oboist als Dirigent des Orchesters „Sinfonia Concertante” spüren. Im Schlosssaal kommt so nie die Gefahr auf, „liebliche” Schubert-Werke wie die Bühnenmusik zur „Rosamunde” oder die unvollendete h-Moll-Sinfonie könnten unter Plüsch verstauben.

Das Bremer Orchester setzt sich aus Mitgliedern der renommierten Kammerphilharmonie, aus freischaffenden Musikern und kundigen Laien zusammen. Anlass zum Ausflug nach Oldenburg ist das Benefizkonzert zugunsten der Uno-Flüchtlingshilfe in Ostafrika.
… Die „Unvollendete“ kommt dem spielerischen Niveau vorzüglich entgegen. Sie hemmt mit mittleren technischen Ansprüchen nicht die Gestaltungskraft. So bleibt die Architektur der beiden Sätze im Gleichgewicht, sitzen hinter hoch gespannten Bögen knappe Betonungen, verströmen Klarinette und Oboe Ruhe und Frieden. Gemütlich gerät dieser Schubert allerdings nicht.

Das Format des Ensembles erlaubt einen zeitgemäßen Zugang zu den „Rosamunde”-Ballettmusiken und Zwischenspielen. Bei den Bremern bleibt der liedhaft-empfindsame Zugang zu dieser Musik gewahrt.

Auch das Schlendern im typischen Zweiviertel-Takt durch die tänzerischen Stücke fällt leicht. Aber hinter allen Piani und Pianissimi lacht nicht nur der Schalk, da lugen auch bedrohliche Geister hervor. Es stecken in dieser Außenhaut Löcher, es mischt sich ein Trauerhauch in die Schönheit.

Drei eingeschobene Intermezzi der anwesenden Schweizer Komponistin Caroline Charrière erweitern und vertiefen diese Doppelbödigkeit.

Tonal gefasst verweben die Streicher im ersten Linien und Flächen miteinander, schreiten die Bläser im zweiten zunächst forsch und dann unsicher werdend voran. Aus der Tiefe steigt die Musik im dritten Intermezzo an und unterstreicht Drängen, Bangen und Ungeduld. Es sind Blicke auf vermeintlich Vertrautes, das sich in abweisend scheinende Bereiche hinein entwickelt und damit befremdet.

 

Horst Hollmann, nwz oldenburg vom 8.11.2011